FNP Printausgabe vom 11.03.2005
Die Oberliga beendet die Winterpause: FSV-Premiere gegen Bernbach Spielt Marburg die Saison zu Ende?
Von Roland Stipp
Frankfurt. Der FC Eschborn, der finanziell über seine Verhältnisse gelebt und im Zuge dessen in der Winterpause seinen Spielmacher Michael Anicic an den direkten Konkurrenten FSV Frankfurt verloren hat (wir berichteten), darf im Titelkampf der Oberliga Hessen plötzlich selbst auf die unfreiwillige Hilfe eines finanziell angeschlagenen Konkurrenten hoffen: Der VfB Marburg, bei dem Jürgen Pauly Anfang Februar als Vorsitzender zurückgetreten ist, wurde vom Hessische Fußball-Verband (HFV) gemäß § 16 a der Spielordnung aufgefordert, darzulegen, ob man die Teilnahme am Spielbetrieb bis zum Rundenende gewährleisten könne.
Den Verein aus Oberhessen drücken im Jahr seines hundertjährigen Bestehens offenbar Schulden in Höhe von mehr als 400 000 Euro. Sollte Marburg aus dem Spielbetrieb ausgeschlossen werden, verlöre Tabellenführer FSV Frankfurt die sechs Punkte aus den beiden gewonnen Spielen gegen die Mittelhessen, Eschborn könnte das Unentschieden aus dem bislang einzigen Aufeinandertreffen streichen und würde dadurch an die Spitze rücken.
«Längstens zwei Wochen» hat der VfB Marburg laut HFV-Satzung nun Zeit, die entsprechenden Unterlagen einzureichen. «Nach meinen Informationen geht man dort aber inzwischen davon aus, die Runde zu Ende spielen zu können», sagte Klassenleiter Armin Keller gestern. Marburgs Sportlicher Leiter Wolfgang Strümpfler wäre jedenfalls «guten Mutes». Auch der FC Eschborn musste sich einer Prüfung durch den HFV unterziehen und kann nur dank einer Bürgschaft der Stadt Eschborn weiter am Spielbetrieb teilnehmen. Eine Entscheidung des HFV im «Fall Marburg´» erwartet Keller «in etwa zwölf Tagen».
Bereits am 25. Januar hatte der Verband grünes Licht für eine weitere Teilnahme des 1. FC Eschborn am Spielbetrieb gegeben. Im Februar stimmten die Mitglieder des Regionalligaabsteigers dann für eine Satzungsänderung, die die Installation eines neunköpfigen Verwaltungsrates als Kontrollgremium vorsieht. Dieses soll in der auf Anfang April verlegten Ordentlichen Mitgliederversammlung gewählt werden, bei der sich der Vorsitzende Michael Kopp nach eigener Aussage übrigens nicht mehr zur Wahl stellt. Verwundert reagierte mancher Konkurrent auf die Tatsache, dass der Club trotz aller Geldprobleme Ex-Zweitligaprofi Teodor Rus (zuletzt Waldhof Mannheim) verpflichtete.
Der FSV Frankfurt, der neben Anicic mit Michael Winter (zuletzt FC Schweinfurt) eine weitere erfahrene Verstärkung geholt hat, hofft darauf, im Titelkampf keine Nachteile durch außerhalb des Platzes getroffene Entscheidungen davonzutragen. «Es wäre ja an Dramatik kaum zu überbieten, würde Eschborn, das selbst erst dank einer Stadtbürgschaft in der Liga geblieben ist, jetzt von der Pleite eines Konkurrenten profitieren», findet Manager Bernd Reisig. Der 42-Jährige sitzt als Vertreter der Oberligavereine übrigens selbst im Zulassungsausschuss des HFV und entscheidet demnach über den Verbleib des VfB Marburg in der Liga mit. Einen Interessenkonflikt sieht er darin nicht: «Denn Sinn und Zweck dieses Gremiums ist es immer, den Verein möglichst zu retten.» Keine Rettung sollte der FSV im ersten Punktspiel dieses Jahres gegen den SV Bernbach am morgigen Samstag am Bornheimer Hang nötig haben. «Die Mannschaft ist heiß und Niko Semlitsch kann nahezu aus dem Vollen schöpfen», so Reisig.
Nach einer aus Sicht des Sportlichen Leiters Domingo Correa-Perez «für unsere Verhältnisse recht turbulenten Hinrunde» ist es um den FV Bad Vilbel ruhiger geworden. Ersatztorhüter Marcel Schneider kehrte zu Kickers Offenbach zurück, weitere Veränderungen gab es nicht. Vorerst. «Das uns nach der Saison einige Spieler verlassen werden, ist schon klar», lässt Correa-Perez vor der heutigen Partie beim VfB Marburg verlauten. Noch offen ist die Entscheidung von Trainer Petar Houbtchev über eine Vertragsverlängerung. «Das hängt auch mit der Entwicklung beim bulgarischen Verband zusammen», vermutet Correa-Perez. Am 26. März trifft Bulgarien in der WM-Qualifikation auf Schweden und hätte bei einem Sieg gute Chancen, 2006 in Deutschland dabei zu sein. Für Houbtchev als Co-Trainer der Nationalmannschaft wären die Voraussetzungen für eine Vertragsverlängerung dann natürlich günstig und er könnte seinen «Nebenjob» in der Wetterau auch in der nächsten Saison ausüben.
Schon weiter ist man da beim Nachbarn KSV Klein-Karben, wo Trainer Alexander Conrad bereits seine Zusage für die kommende Runde gegeben hat. «Das ist das beste, was uns passieren konnte», findet Vorstandsmitglied Klaus Buseck.
A-Schein-Inhaber Conrad, der sich um einen Platz bei einem Fußball-Lehrer-Lehrgang in Köln bewerben will, muss nicht nur im Heimspiel gegen den SV Erzhausen am heutigen Freitagabend auf Stürmer Ecevit Balaban verzichten, der jetzt bei Nava Spor in der zweiten türkischen Liga sein Glück sucht.
Das Programm:Baunatal – Eintracht Frankfurt (Freitag: 19 Uhr), Klein-Karben – Erzhausen (Freitag: 19.30 Uhr), Marburg – Bad Vilbel (Freitag: 20 Uhr); Aschaffenburg – Kassel, Waldgirmes – Wörsdorf, FSV Frankfurt – Bernbach, Ober-Roden – Eschborn, Vellmar – Schwalmstadt, Flieden – Wald-Michelbach (alle Samstag: 15 Uhr).