Futsal Schachtyor Donetsk - Energia Lwow (Superpokal Ukraine)

  • Schachtyor Donetsk - Energia Lwow 3:1 (3:1)


    Gleich zum Anfang: es geht hier um Hallenfussball, dem sogenannten Futsal.
    Und wen es nicht interessiert, bitte nicht weiterlesen, bevor wieder jemand schimpft,
    daß es doch eigentlich nicht hierher gehört... ;-)


    Da der Futsal in der Ukraine einen hohen Stellenwert besitzt, die Nationalmannschaft
    international recht erfolgreich in der Weltspitze mitmischt und auch Ausländer in den
    ukrainischen Spitzenmannschaften mitspielen, schaute ich mir natürlich den "Superkubok",
    das Spiel Meister gegen Pokalsieger im Donetsker Sportpalast "Drushba" ("Freundschaft")
    an.


    Die Mannschaft aus Donetsk dominierte nicht nur die Liga sondern siegte auch im Pokal,
    folglich war der Meisterschaftszweite und Pokalfinalist von der Westukrainischen Metropole
    Lwow der Gegner im Superpokal. Die waren laut Aussage ihres Trainers mit dem Austragungs-
    ort (kein neutraler Spielort) und dem Termin unter der Woche (an einem Mittwoch um 14 Uhr)
    nicht so recht zufrieden, da sie unmittelbar danach schon wieder quer durch die Ukraine zum
    Meisterschaftsauftakt reisen mußten. Donetsk liegt ja im äußersten Osten der Ukraine und Lwow
    an der Westgrenze.


    Das Spiel wurde live im ersten Programm des ukrain. Fernsehens übertragen und so war ich gespannt,
    wie viele Zuschauer die vom sportlichen Wert nun nicht gerade bedeutsame Partie an einem
    Wochentag am frühen Nachmittag ziehen würde. Sicherheitshalber eine knappe Stunde vor Spielbeginn
    am ca. 5000 Zuschauer fassenden Sportpalast eingetrudelt, um gute Karten zu bekommen.
    Viele Zuschauer pilgerten schon um die Halle, viele deckten sich am nahen Geschäft mit Alkoholika
    und Snacks ein.
    Die Nachfrage am Eingang ergab, daß der Eintritt kostenlos war und man dazu noch ein Programmheft
    geschenkt bekam, welches auch noch eine aufgedruckte Nummer hatte, die nach Spielende zu einer
    Teilnahme an der Verlosung von Preisen berechtigte.


    Kurz mal in die Halle reingeschaut, war noch jede Menge Platz und so genehmigte ich mir noch eine
    Zigarette. Mit jedem Bus kamen dann ganze Schulklassen an und so zog ich es vor, uns (Schwieger-
    vater und mein Sohn begleiteten mich) dann doch einen guten Platz zu suchen.


    Die Halle selbst ist ein typisch sowjetischer Sportbau und der Zahn der Zeit hat doch schon mächtig
    an ihr genagt. Das Äußere wird gerade renoviert, innen strahlt alles den Charme der Vergangenheit
    aus...Stufen in unterschiedlichen Größen, Holz, Staub...alles bischen unsicher und morbid wirkend.
    Aber da dort auch schon Spiele der Handball-Champions-League ausgetragen wurden, scheint alles
    noch im grünen Bereich zu sein.


    Die Zuschauerzahl zu schätzen fällt bei so einer großen und nicht gleichmässig strukturierten Halle
    erfahrungsgemäß schwer, aber es mögen wohl zwischen 1.500 - 2.000 Besucher gewesen sein.
    In der Sportzeitung "Sport Arena" gab man 3.000 Zuschauer an, aber dann hätte die Halle mehr
    als halbvoll sein müssen und das war sie nun definitiv nicht. Gegenüber der auf meiner Seite stationierten
    Fernsehkamera stand der Fanblock der Gastgeber, mit orange-schwarzen Fahnen und vielen
    Lärminstrumenten, so ca. eine gute Hundertschaft. Der Rest waren überwiegend Kinder und
    Jugendliche und halt so die Gelegenheitszuschauer. Fans der Gäste gab es keine, verständlich
    bei dem Anreiseweg. Wie es generell so mit Auswärtsfans beim Futsal aussieht mag ich nicht so
    recht beurteilen, da ich nur die Situation bei Schachtyor kenne, die immer ein paar Auswärtsfahrer
    und auch ein festes Fanlager haben. Da aber zu den Meisterschaftsspielen meist nur einige Hundert
    Zuschauer kommen, kann das alles nicht so massig sein.


    Zum Spiel selbst: Futsal ist schneller und technisch brillanter Fußball, ich habe schon einige Spiele
    in der Ukraine (sowie im TV) gesehen und mir gefallen die technischen Feinheiten, die Ballbehandlung,
    die schnellen Spielzüge und die (im Vergleich zum Fußball im Freien) Fairness.
    Die grün-weißen Gäste aus Lwow gerieten gegen den Favoriten (Bilanz aller bisher ausgetragener
    Spiele war: 10 Spiele - 10 Siege für Donetsk) gleich arg unter Beschuß und mußten schon in der
    Anfangsphase zwei schnelle Tore hinnehmen. Und es sollte noch schlimmer kommen, ein schneller
    Angriff der Donetsker konnte vom Torwart nur mit einem Foul ausserhalb des Strafraums
    geklärt werden, mit der Folge einer roten Karte für den Keeper und einem folgenden zweiminütigen
    Unterzahlspiel der Gäste, welches aber folgenlos blieb. Der Ersatztorwart machte aber im weiteren
    Spielverlauf einen starken Eindruck und mußte trotz zahlreicher Chancen von Schachtyor nur noch
    das 0:3 in der 15.Minute hinnehmen.


    Dann verlangte der Gästetrainer Kobsar eine Auszeit und stellte seine Mannschaft taktisch um.
    Nun griffen sie die Donetsker schon beim Spielaufbau in deren Hälfte an, gingen aggressiver und
    motivierter ins Spiel und mit der ersten Chance erzielten sie mit dem Halbzeitpfiff das 1:3 Anschlußtor.


    Nach der Halbzeitpause dann ein ganz anderes Bild, die Gäste berannten nahezu pausenlos das
    Tor der Gastgeber, waren klar überlegen, nur fehlte vor dem Tor der letzte geniale Pass oder
    das bischen Glück. Jedenfalls mußte Kornejew im Tor der Donetsker, der eine ruhige erste Hälfte
    verlebt hatte, mehrmals Kopf und Kragen riskieren. Für den Spielverlauf und die Spannung wäre ein
    2:3 natürlich toll gewesen, aber es wollte einfach nicht fallen. Selbst als man die letzten drei Minuten den
    Torwart rausnahm und einen weiteren Feldspieler brachte, es nutzte alles nichts. So rettete sich Donetsk
    über die Zeit und holte zum zweiten Mal den Superpokal, der im Vorjahr erstmals ausgetragen wurde, damals
    gewann Donetsk in Charkov gegen Interkras Kiew, eine Mannschaft die lange Jahre die Meisterschafts-
    geschichte im ukrainischen Futsal mitbestimmte, mittlerweile aber von Energia Lwow abgelöst
    wurde. Im Programmheft meinte Lwows Trainer allerdings, daß man lediglich in der neuen
    Saison um die Plätze hinter dem alten und vermeintlich neuen Meister Donetsk spielt.
    Warum man taktisch erst so spät umstellte ist mir unklar, in der Form und mit der gezeigten Leistung
    in Hälfte Zwei ist Lwow ein ernsthafter Meisterschaftkandidat, zumal wenn man bedenkt, daß der
    Trainer einige neue Spieler einbaute und erst seit zwei Monaten mit dem Team trainiert.


    Die Stimmung war ansprechend, in der Halle machte der Fanblock ordentlich Krach und auch die
    restlichen Zuschauer liessen sich anstecken, in Hälfte Zwei war es etwas ruhiger, was dem chancenlosen
    Spiel der Gastgeber geschuldet war. Ich habe mich auch mal eine Zeit hinter dem Kameramann gestellt
    und so beobachtet, was dieser alles so aufnimmt, er wechselte sehr oft vom Spielgeschehen zu Stimmungs-
    szenen von den Fans.


    Zum Schluß wurde unter großen Beifall der Pokal übergeben und den Fans präsentiert.


    Bei der Auslosung gingen wir diesmal leer aus (obwohl wir uns vier Programmhefte gesichert hatten)
    und es recht viele Preise gab. Dafür mußte man allerdings auch während des Spiels die doch etwas
    nervige Reklame der Sponsoren erdulden...


    Versorgunsgtechnisch gab es zu niedrigen Preisen Getränke jeder Art und Snacks, Chips etc...


    Ein Drama ist die Toilette im Sportpalast, die man nur zum Pinkeln benutzen sollte...da hat sich
    in den letzten Jahren nix geändert. Leider hatte ich das Pech, daß mein Sohn "groß" mußte und so
    mußte ich erstmal ins nächste Geschäft springen, denn Toilettenpapier gab es in keiner der Boxen
    und Becken wie so oft in der ehem. Sowjetunion auch nicht, sondern so Stehbalken mit Plumpsloch...
    Der Hygienezustand war auch dementsprechend.


    Ansonsten eine nette und vom sportlichen fußballerischen Können eine sehr unterhaltsame Veranstaltung.



    [Blockierte Grafik: http://shakhtar5x5.dn.ua/pics0607/supercup002s.jpg]


    Fotoquelle: shakhtar5x5.dn.ua

  • Zitat

    Original von Per-Oehr
    Schachtyor Donetsk - Energia Lwow 3:1 (3:1)


    Gleich zum Anfang: es geht hier um Hallenfussball, dem sogenannten Futsal.
    Und wen es nicht interessiert, bitte nicht weiterlesen, bevor wieder jemand schimpft,
    daß es doch eigentlich nicht hierher gehört... ;-)



    Aber es ist dennoch Fußball, also gehört es ja wohl auch in dieses Forum, oder sehe ich da was falsch ? Was unterscheidet denn grundlegend Futsal von Hallenfußball ? Gibt es da so andere Regeln ?


    Guter Bericht ! :D


  • Der Hauptunterschied ist, daß beim Futsal komplett ohne Bande gespielt wird und der Ball ne Nummer kleiner ist...


    International ist Futsal ziemlich weit verbreitet und in einigen Ländern sehr populär, in Deutschland steckt es aber noch in den Kinderschuhen...

  • Gibt es bei den Regeln gravierende Unterschiede ?


    Keine Bahnde und kleinerer Ball, das ist doch kein Grund, dem Kind einen anderen Namen zu geben...



    Hat sich erledigt... Habe mich mal hier schlau gemacht ! ;)


    Kleinerer sprungreduzierter Ball, kein großer Körperkontakt erlaubt... sehr interessant...

  • In Deutschland steckt ja der Futsal erst in den Kinderschuhen.
    Meine bisherigen Erfahrungen beziehen sich auf Live-Spiele in
    der Ukraine und Fernsehübertragungen. Das heißt also, Futsal
    von der besseren Sorte. Mir gefällt das schnelle Spiel, die technischen
    Feinheiten...es ist m.M. nach auf jeden Fall attraktiver als der deutsche
    Hallenfußball, welchen man allwinterlich im DSF vorgesetzt bekommt.


    Die Spieler in der höchsten ukrainischen Liga sind allesamt professionell
    und spielen Futsal und eben nicht Fußball auf dem Felde. Dank Sponsoren
    läßt sich damit ganz gut leben.


    Zur Zeit laufen ja Bestrebungen den Futsal auch in Deutschland auf eine
    breitere Basis zu stellen. So gibt es bereits Wettbewerbe (wie den LBS-Cup
    in Baden-Württemberg) nur wird es Jahre dauern bis man den Anschluß
    an die internationale Entwicklung schafft.


    Ich kann mir vorstellen (wie gesagt, noch kein DEUTSCHES Futsalspiel
    gesehen), daß die derzeitigen Wettbewerbe noch ziemlich auf
    Freizeitkickerniveau stattfinden.