Samstag im Nordbadischen

  • 03.09.05, 15:00 Uhr:
    FC Nöttingen – SV Stuttgarter Kickers II 2:1(2:1)
    (5.Spieltag Oberliga Baden-Württemberg; Sportgelände „Panoramastadion“ 500 Zuschauer)


    Nach einem überreichlichen Frühstück und noch dazu äußerst zivilem Preis auf dem besagten Autohof nahe Weil a.Rhein machte ich mich auf den Weg Richtung Karlsruhe. Da ich genügend Zeit hatte, machte ich einen Abstecher zu den Wasserfällen von Allerheiligen, schließlich wird uns Groundhoppern ja immer vorgeworfen, dass wir die Kultur links liegen lassen. Diesem Vorurteil entgegengetreten und dieses prächtige Schauspiel der Natur direkt vor Ort kennen gelernt.
    Zurück durch diverse Schwarzwaldstraßen auf die Autobahn bei Achern. Vor Karlsruhe in den für Hopper bald unvermeidlichen Stau geraten. Aber nur ruhig Blut, denn ich hatte ja noch ein gehöriges Zeitpolster. Endlich in Remchingen angelangt, mir den Weg zum Ortsteil Nöttingen gesucht und dann der Beschilderung zum Stadion des FCN gefolgt. Siehe da, nach einigen „Metern“ waren dann schon Flutlichtmasten zu sehen. Ich umrundete den Ground mit dem Auto und suchte mir dann einen schattigen Parkplatz. Da es noch ca. 1 ¾ Stunden vor Spielbeginn und die Gegengerade noch verschlossen war begab ich mich auf die „Haupttribünenseite“. Dort liefen mir die Spieler der Kickers über den Weg, die mich alle mit freundlichem Hallo begrüßten. In den eigentlich abgesperrten Bereich gegangen, da diese Seite weitgehend eine Baustelle ist. Dort sah ich, was ich erst gar nicht glauben konnte. Nämlich dass von der Haupttribünenseite, die weitgehend aus der Vereinsgaststätte mit dazugehöriger Terrasse bestand, von wo man von keinem Standpunkt die unter der Tribüne liegende Auslinie einsehen konnte ohne sich den Hals zu verrenken. Erst nachher erzählte mir ein einheimischer Fan, die Gründe für diesen verbauten Sportplatz. Aber dazu nachher mehr. Die Gaststätte war leider noch nicht geöffnet, somit ging ich wieder zu meinem Auto das sich auf der gegenüberliegenden Seite befand. Etwa 45 Minuten vor Spielbeginn öffnete die Kasse auf dieser Seite, wo schon einige Rentner und das Personal des Verpflegungsstandes auf Einlass warteten. Kurz darauf löste ich auch ein Billet und inspizierte diese Seite. Dort stellte sich ebenfalls heraus, dass von keinem Punkt der mit 3 bis 5 Stufen versehenen unüberdachten Gegentribüne die Auslinie eingesehen werden konnte. Auf die ungewöhnliche Konstruktion des „Stadions“ angesprochen erteilte mir der vorher erwähnte einheimische Fan die Auskunft, dass der Sportplatz in einem reinen Wohngebiet liege und nach den Erfolgen der letzten Jahre, Aufstieg in die Oberliga und dem Höhepunkt dem Aufstieg in die Regionalliga Süd, natürlich die Auflagen durch Verband bzw. DFB erhöht wurden. Um einen reibungslosen Spielbetrieb im eigenen Fußballplatz zu gewährleisten wurden gewaltige Anstrengungen unternommen diese Auflagen zu erfüllen. Da aber das Fußballfeld nicht die erforderlichen Maße aufwies musste man den Platz sowohl in der Länge als in der Breite vergrößern. Man behalf sich dann ziemlich unkonventionell, indem man die neu erstellten Tribünen über die Auslinie baute. So entstand die Situation im Gegensatz zu manchen modernen „Arenen“, dass es in diesem Stadion mit dem passenden Namen „Panoramastadion“ keinen einzigen optimalen Platz gibt. Will man beide Auslinien an der Längsseite einsehen, so muss man 2 Spiele besuchen. Aber doch ist die gewaltige Leistung des relativ kleinen Vereins zu würdigen, die Auflagen zu erfüllen.
    Endlich einen „passablen“ Platz eingenommen mit dem unvermeidlichen Gitter davor. Anfeuerung oder Support waren leider Fehlanzeige. Lediglich bei den Toren war Applaus zu vernehmen. Nicht weit von mir hatte sich ein Fußballgenie breit gemacht, dessen beste Zeiten, falls er die jemals hatte, angesichts seiner Gewichtsklasse schon einige Zeit her sein musste. Dieser kommentierte jede Szene seines FCN mit Kritik und wie man es hätte besser machen müssen. Außerdem besaß dieser die Gabe sogar durch die Betonmauern der Tribüne durchsehen zu können. Denn er war selbst mit einer Aus-Entscheidung des lediglich mit dem Kopf wahrzunehmenden Linienrichters nicht einverstanden. Nach dem 1:0 in der 21.Minute durch den zuletzt verletzten Stürmer Metin Telle genehmigte ich mir eine Bratwurst und ein Bierchen. Die Darbietungen der beiden Teams erreichte mäßiges Oberliganiveau. In der 30.Minute fiel dann auch der gerechte Ausgleichstreffer. In der 41.Minute sahen die anwesenden Zuschauer nach einer Notbremse des Gästespielers Tucci wie dieser mit der roten Karte bedacht wurde. Noch kurz vor dem Halbzeitpfiff fiel dann das wichtige 2:1 für den FCN. Obwohl in der 2.Spielhälfte weitgehend überlegen, wurden manche klare Chance von der Heimelf vergeben und so musste man trotz Überzahl bis zum Schluss um die 3 Punkte zittern.
    Gleich nach dem Schlusspfiff verließ ich das merkwürdige Stadion um mit meinem direkt davor abgestellten Auto in das unweit liegende Birkenfeld zu tigern, denn dort fand um 17:30 Uhr der Verbandsliga-Knaller gegen den Lokalrivalen 1.FC Pforzheim statt.



    03.09.05, 17:30 Uhr:
    1.FC 08 Birkenfeld – 1.FC Pforzheim 1:1(1:0)
    (3.Spieltag Verbandsliga Baden; Sportgelände „Im Erlach“ 1.020 Zuschauer)


    Nach dem Spiel in Nöttingen nun eilig ins nahe gelegene Birkenfeld gefahren. Obwohl man von der Spielstätte noch nichts sah, deuteten die bereits in Massen abgestellten PKW darauf dass in der Nähe ein Fußballspiel stattfinden muss. Also das Auto ebenfalls neben der Straße abgestellt und den „Massen“ nach. Auf den Weg dorthin erfuhr ich, dass heute mit Rekordbesuch gerechnet werden müsse und die Erfolgself auch von der hervorragenden Jugendarbeit des Vereins profitiert. Da ich kurz anmerkte, mir zuvor Nöttingen angeschaut zu haben, erntete ich missachtende Blicke und Kommentare. Nun war mir bewusst, dass die Beziehungen der beiden Nachbarvereine nicht die besten waren und ein Birkenfelder niemals in die Versuchung kommen würde ein Spiel des FCN zu besuchen. Den Platz nunmehr umrundet, da es nur einen Eingang gab und auch in der Reihe angestanden um eine Eintrittskarte zu erhaschen.
    Der Platz liegt sehr idyllisch im Wald und ist von außen nicht sichtbar. Das „Stadion“ besteht aus einem Rasenplatz umgeben von einer echten Aschenbahn. Auf der „Haupttribünenseite“ mit 6 nicht betonierten Stufen befindet sich auch das Vereinsheim mit Gaststätte. Auf der Gegengerade wurden vor Jahren ebenfalls 4 befestigte Naturstufen angelegt. All diese Plätze sind nicht überdacht. Angesichts der Aufstiegseuphorie und dem Lokalderby herrschte tatsächlich großer Andrang und der Mann am Lautsprecher gab sich alle Mühe sowohl auf die Besonderheiten der Verpflegungsstände hinzuweisen als auch die Zuschauer zu bitten die Gegengerade zu nutzen. Seine Bemühungen wurden immer wieder durch den Ausfall der Lautsprecheranlage torpediert.
    Ich nahm ungefähr auf Mitte der Spielhälfte der Gegengerade Platz um dem Treiben zuzuschauen und das Programmheft zu studieren. Dort entdeckte ich, dass der Gast gegenüber der letzten Saison mit fast einer komplett neuen Mannschaft antrat. Der Zufall ergab, dass ich neben dem Vater des Trainers von Pforzheim zu „sitzen“ kam. Der erzählte mir, dass wegen eines radikalen finanziellen Schnittes fast das ganze kickende Personal beim 1.FCP ausgetauscht worden war.
    Dieser ließ sich angesichts meiner Schilderungen der von mir besuchten letzten Begegnungen in diversen Ländern nicht davon abbringen mich für einen Scout bzw. Spielervermittler zu halten.
    Das Spiel begann angesichts des starken Andranges mit 8minütiger Verspätung. Es entwickelte sich ein relativ guter und auch über weite Strecken spannender Verbandsligakick, wobei sich die Pforzheimer als spielstärker erwiesen, was die euphorisierten Hausherren aber mit enormen Kampfeswillen wettmachten. Trotzdem fiel in eine Drangperiode der Gäste das 1:0 für den Aufsteiger. Die Pforzheimer bekamen die 2 schnellen Spitzen der Birkenfelder öfters nicht in den Griff. Spielerisch überstrahlte der 19 jährige Julian Jaizay beim 1.FC Pforzheim alle anderen Akteure. Da dürfte ein Juwel heranreifen. In der 2.Hälfte fiel der längst verdiente Ausgleich unter dem Jubel der angereisten und fast über die ganzen 90 Minuten ihre Mannschaft anfeuernden Fans des 1.FC Pforzheim. Der Schiedsrichter gab danach einen klaren Elfmeter für Pforzheim nicht und so endete dieses Nachbarderby unentschieden, wenn auch glücklich für den Aufsteiger.
    Danach verließ ich wie die restlichen über 1.000 Zuschauer den Ground und begab mich auf die Heimreise. Diese verlief ohne Zwischenfälle und ich konnte mich dem Schlaf hingeben in der Gewissheit am nächsten Tag im schönen Mittelfranken in der LL Mitte einen weiteren Doppler in Vach und Eltersdorf mit Kollegen Zico mir ansehen zu können.

    Als Gott den Menschen erschuf, war er bereits sehr müde, das erklärt manches.
    Mark Twain (1835 - 1910), US-amerikanischer Erzähler und Satiriker, eigentlich Samuel Langhorne Clemens