17.11.2007, 20.00 Uhr (Ortszeit):
Litauen - Ukraine 2:0
EM-Qualifikation
Kaunas, S.Dariaus & S.Gireno Stadionas, 3.000 Zuschauer
Zwei freie Tage, damit war klar, es sollte mal wieder
eine etwas größere Tour anstehen. Da an diesem
Wochenende aber Länderspiele angesagt sind, gibt es
kaum Möglichkeiten, gute und hochkarätige Touren zu
basteln. Ein Blick in die Ansetzungen der Länderspiele
brachte dann den Entschluß, das Spiel Litauen-Ukraine
zu besuchen, auch wenn drumherum keine weiteren Spiele
möglich sind. Egal, für mich ist es auch eine
Gelegenheit, meine eingerosteten litauischen
Sprachkenntnisse mal wieder aufzufrischen, dazu winkt
noch ein neuer Länderpunkt. Flüge sind günstig zu
haben, also schnell gebucht. Der Bahnstreik verursacht
dann allerdings schon wieder leichte Bauchschmerzen,
so daß ich für die Fahrt nach Frankfurt
sicherheitshalber eine Mitfahrgelegenheit organisiere.
Wäre aber vermutlich nicht nötig gewesen. Wie auch
immer, in einem Toyota ist ein Platz frei, zwei
Bierbrauer aus Köln sind auch noch mit dabei, die
Diskussionen über die Braukunst in der verbotenen
Stadt enden aber rasch. Verstehe ich gar nicht. Der
Fahrer setzt mich am Frankfurter Flughafen ab, dort
wird beim Thailänder bei den Bushaltestellen gespeist
und dann geht es mit dem Bus weiter nach Hahn.
Letzlich komme ich mehr als drei Stunden vor Abflug
dort an, aber sicher ist eben sicher, man weiß ja
nicht, wie es mit der Bahn gelaufen wäre. Ryanair
bringt mich dann pünktlich nach Kaunas, an Bord zu 90%
Litauer, und der Flieger ist ganz gut ausgelastet. Der
Flughafen in Kaunas ist – wenns man positiv ausdrücken
will – klein und übersichtlich. Mit dem Bus geht es
anschließend in die Stadt. Ein deutsches Pärchen hat
das gleiche Hotel gebucht wie ich, ich helfe den
beiden noch bei der Suche, ein bißchen kenne ich mich
in der zweitgrößten Stadt des Landes ja doch noch aus.
Die wären wohl sonst völlig falsch ausgestiegen und in
die entgegengesetzte Richtung gelaufen. Das Zimmer ist
einfach, aber sauber, es gibt nix zu meckern. Am
nächsten Morgen ist nach dem sehr guten Frühstück erst
mal ein Gang zum Busbahnhof angesagt, um mal die
Fahrzeiten der Busse nach Vilnius zu prüfen. Fahren
etwa halbstündlich, also alles problemlos. Danach
bleibt viel Zeit für Spaziergänge, Besichtigungen usw.
Und ich stelle fest, daß ich die Sprache doch noch
besser beherrsche als ich vorher dachte. Einige
Ukrainer machen sich auch schon in der Stadt
bemerkbar. Mittag gibt’s etwas untypisch in einer
Pizzeria, litauische Cepelinai sind in der Altstadt
irgendwie unauffindbar. Was solls. Nachmittags trübt
es sich leider ein und es beginnt zu regnen, damit
also Gelegenheit, sich das Ciurlionis-Museum mal
genauer anzusehen. Bißchen Kultur muß ja auch sein.
Der Rest des Nachmittags wird mit Kaffee trinken
verbracht. Zum Abend legt sich der Regen wieder. Ich
mache mich auf den Weg zum Stadion, das in Laufweite
der Innenstadt liegt. Die reservierte Karte liegt
bereit und drinnen begegne ich auch dem französischen
Nationaltrainer Raymond Domenech. Im Programmheft
stelle ich fest, daß Klaus Thomforde Torwarttrainer beim
liatuischen Verband ist. Nicht zu fassen. Das Stadion ist
recht individuell, es hat eine zweistöckige Tribüne
über eine Längsseite, die sich in einer Kurve
fortsetzt, wobei der Unterrang durch den Oberrang
überdacht ist, der Oberrang jedoch hat keine
Überdachung. Diese Konstruktion gibt es auch
freistehend nochmals in der anderen Kurve, die als
Gästeblock dient. Auf der Gegengeraden gibt es keine
Zuschauerbereiche, hier steht nur die riesige
Anzeigetafel. Beleuchtet wird der Platz von vier
Flutlichtmasten, bei denen einige Strahler aber schon
das Zeitliche gesegnet haben. Das Stadion entspricht
sicher nicht den Standards westeuropäischer
Erstligisten, aber gerade das Baufällige macht ja den
Charme solcher Stadien aus. Und das Zalgiris-Stadion in
Vilnius muß wohl noch heruntergekommener sein, so daß
man gezwungen ist, die Länderspiele in Kaunas
auszutragen. Für Litauen war von
vornherein klar, daß man sich nicht für die Euro 2008
qualifizieren würde, auch für die Ukraine war klar,
daß es in einer Gruppe mit Frankreich und Italien
sehr, sehr schwer werden würde. So ist am heutigen
vorletzten Spieltag der Qualifikation bereits klar,
daß beide Mannschaften keine Chance mehr haben und
damit ist das Spiel nur noch ein Freundschaftsspiel.
Auf Heimseite macht ein Block in der Kurve durchgehend
Stimmung, hin und wieder macht auch das ganze Stadion
mal bei den „Lietuva, Lietuva“-Rufen mit. Aus der
Ukraine sind 300-400 Fans mitgereist, die ab und zu
auch supporten. Das ganze ist auch sehr
freundschaftlich. Beide Seiten zündeln in der zweiten
Halbzeit auch mal ein wenig. Insgesamt mehr los als
ich dachte. Das Spiel ist ausgeglichen, die Ukrainer
haben zu Beginn die besseren Chancen, die Stars
Shevchenko und Voronin tragen allerdings nur ihr
Trikot spazieren. Die Litauer gehen dann kurz vor der
Pause in Führung. Mitte der zweiten Halbzeit
überlisten die Litauer den herausstürzenden Torwart
mit einem schönen Heber zum 2:0. Die Gäste haben nicht
viel entgegenzusetzen, vielleicht sind sie auch nicht
zu 100% motiviert. Dennoch müssen die Litauer einige
brenzlige Situationen überstehen, ehe der Sieg in
trockenen Tüchern ist. Der neue Länderpunkt wird noch
bei einem Bierchen begossen, ehe es wieder zurück ins
Hotel geht. Am nächsten Morgen geht es schon früh
wieder los, ich muß die Rezeptionistin erst
wachrütteln, damit ich auschecken kann. Schnell noch
einen Kaffee und auf zum Busbahnhof. Der Bus ist
pünktlich und kommt auch pünktlich am Busbahnhof in
Vilnius an. Der nächste Bus zum Flughafen fährt
allerdings erst in knapp einer Stunde, etwas zu lange.
Es stehen noch zwei andere Leute rum, die zum
Flughafen wollen, und gemeinsam teilen wir uns ein
Taxi, hat für jeden gerade mal 5 Litas gekostet. Der
Flughafen ist ein recht witziges Gebäude, bißchen
verwinkelt gebaut. Mit Air Baltic operated by
Carpatair – einer rumänischen Fluglinie – geht es dann
wieder nach München. Der Rest ist Standard: pünktliche
Landung in München, Bus nach Freising, Zug nach
Nürnberg. Gegen 17 Uhr bin ich wieder zu Hause mit
Länderpunkt Nummer 34 im Gepäck und mit dem festen
Vorsatz, öfter mal Länderspiele zu besuchen. Länderspiele
des DFB sind von diesem Vorsatz allerdings ausdrücklich
ausgenommen.