"Dietmar Hopp stoppt den Stadion-Ausbau"
Vor fünf Wochen hat Dietmar Hopp angekündigt, das Stadion der TSG Hoffenheim zu vergrößern und für
3,5 Millionen Euro zwei neue Tribünen zu errichten. Jetzt wurde das Projekt erst mal gestoppt, obwohl die
Pläne schon in der Schublade liegen und die Genehmigung bereits beantragt ist.
Schuld am Sinneswandel sind zwei Niederlagen. Das 2:6 in Offenbach und das 2:4 am Freitagabend gegen
den SC Feucht. Ein Fehlstart mit gewaltigen Folgen. Zwei Tiefschläge, die die heile Welt in Hoffenheim in
Unordnung gebracht, die Laune des Mäzens verdorben haben. „Ich wäre doch verrückt, wenn ich das
Stadion jetzt ausbauen würde", hat Hopp das Vorhaben zunächst mal auf unbestimmte Zeit verschoben.
Den Aufstieg in die z. Bundesliga hat der Gönner abgehakt. Und im Sommer soll es einen Schnitt geben.
„Dann spielen wir mit einer jungen Mannschaft um den Klassenerhalt." Aufstiegs-Ambitionen ade. Zurück
in die Zukunft.
Wenn die Spieler gewusst hätten, was sie mit ihrer „unterirdisch schwachen Leistung" (Spielleiter Dirk
Rittmüller) gegen Feucht angerichtet haben, sie hätten sich bestimmt mehr ins Zeug gelegt. An ein
schlechteres Spiel könne er sich nicht erinnern, schimpfte Dietmar Hopp. „Selbst in der Oberliga nicht. In
dieser Verfassung gewinnen wir kein Spiel mehr. Zumindest auswärts nicht. Und mit 33 Punkten steigt man
ab." Je größer 'die Hoffnungen, desto tiefer die Enttäuschung. „Wir haben einen der höchsten Etats in der
Regionalliga und wir trainieren seit dieser Saison unter Vollprofi-Bedingungen", sagt der Mäzen, „doch
weiter gebracht hat uns das nicht keinen Millimeter. Im Gegenteil."
Wie ein Löwe hat Hansi Flick letztes Jahr darum gekämpft, dass er unter gleichen Bedingungen trainieren
darf wie ein Großteil der Konkurrenz. Jetzt steht der Fußballlehrer im Regen. „Ich bin so mitgenommen",
sagte der Trainer traurig nach der Pleite gegen Feucht. „Der Hansi tut mir leid", fühlt Dirk Rittmüller mit,
„immer wieder hat er sich vor die Mannschaft gestellt - und die lässt ihn im Stich." Selbst jetzt glaubt Flick
noch an das Gute. „Auch wenn die Ergebnisse dagegen sprechen, ich bleibe bei meiner Einschätzung. Es
war richtig, in der Winterpause keine neuen Spieler zu holen. " Doch die, denen er vertraut, werden es
nicht packen. Es fehlen - die Feststellung ist nicht neu – echte, Kerle. Siegertypen.
Das ist leider auch ein hausgemachtes Problem. Denn: Wer in Hoffenheim was werden will, hält am besten
seinen Mund, genießt die Annehmlichkeiten des schönen Trainingszentrums und freut sich über das Gehalt,
das pünktlich auf dem Konto eingeht. Disziplin geht über alles. Dass es im Zusammenleben einer Gruppe
Regeln geben muss, steht außer Frage. Nur: Zu angepasste Spieler können keine Eigeninitiative und
Kreativität entwickeln. Wer die ganze Woche über gehorsam und leise sein muss, der wird auch am
Samstag im Spiel nicht „beißen, kratzen, spucken", wie sich das der Trainer wünscht.
Stattdessen zeigten sich - die Nerven - die „Musterknaben" am Freitagabend gegen Feucht von einer ganz
anderen Seite. Traten sinnlos zu, wie Heiko Petersen, maulten und meckerten, wie Matthias Born und
Thomas Ollhoff. „Die halbe Mannschaft war von einem Platzverweis bedroht", stellte Geschäftsführer Dag
Heydecker fest. „In einigen Szenen hat der Schiedsrichter die Augen zugedrückt", meinte Flick. Erwischt
hat's „nur" Petersen mit einer roten und Ollhoff mit einer gelb-roten Karte. Sie werden übermorgen gegen
Wehen nicht dabei sein und müssen in die Mannschaftskasse zahlen. Außerdem, kündigte der Trainer
Extra-Schichten an.
„Schlimm" fand Dietmar Hopp die „Entgleisungen": „Sie schaden unserem Image." Auch der Mäzen hat
inzwischen seine Zweifel an der Personal-Politik: „Viele, die wir in den letzten drei Jahren geholt haben,
sind wieder weg. Und die, die bei uns letzte Runde auf der Bank saßen, sind nun bei ihren neuen Vereinen
Leistungsträger. " Alle müssten sich hinterfragen, erklärt der Gönner. Auch der Trainer, der bekanntlich
einen Vertrag hat bis 2010 und, so Hopp, „den sichersten Arbeitsplatz in Deutschland. " Was am schwarzen
Freitag so erschütterte: Es war der Aufstiegs-Anwärter Hoffenheim, der ins Spiel ging, als würde es sich
um einen Freundschaftskick handeln, wie „in Trance" wirkte (Heydecker) und nicht, wie manche erwartet
haben der SC Feucht, der dazu allen Grund gehabt hätte. Die Franken sind finanziell am Ende. Ihr Abstieg steht fest.
Erst in der zweiten Halbzeit, in Unterzahl, gaben die Gastgeber etwas mehr Gas. Zu spät. Vielleicht sei es
der Druck, mit dem die Spieler nicht zurechtkommen, rätselt Flick. Der deutlich geäußerte Wunsch,
aufsteigen zu wollen. Perfekte Bedingungen, gutes Geld, aber bitteschön keine Verpflichtung wie hätten sie
es denn gerne in Hoffenheim? Am Mittwoch gegen Wehen soll nun die Stunde der Reservisten schlagen:
Nevzet Zukic, Michael Öller, Serhat Gülbas, Björn Weber und, so er wieder gesund ist, Heiko Throm sind
Alternativen, „Schlechter kann's ja nicht werden", sagt Flick. Doch das hat der Trainer bereits nach dem
2:6-Debakel bei den Offenbacher Kickers gedacht. Es war leider ein Irrtum, Auch den Aufstieg hat er noch
nicht ganz abgeschrieben. „Noch haben wir 13 Spiele, noch können wir zehn davon gewinnen." Immerhin:
Auch die Spitzen-Mannschaften Offenbach und Siegen blieben am Wochenende sieglos.
Vielleicht kommt es ja auch ganz anders. Sollte beim SC Feucht das Insolvenz-Verfahren eröffnet werden
- die Gefahr besteht weiter - werden alle Spiele der Franken aus der Wertung genommen. Dann hat die
TSG Hoffenheim alles richtig gemacht: Nämlich genau die Punkte liegen lassen, die am Ende ohnehin
abgezogen werden...
Quelle: Wolfgang Brück, RNZ Heidelberg