Aufatmen in der Türkei: Die Disziplinarkommission des Fußball-Weltverbandes (Fifa) hat nach dem Skandalspiel gegen die Schweiz ein relativ mildes Urteil ausgesprochen. Die Türken müssen sechs Länderspiele auf neutralem Boden sowie unter Ausschluss der eigenen Fans bestreiten. Zudem muss der Verband eine Geldstrafe in Höhe von umgerechnet rund 130 000 Euro zahlen.
Mit dem Urteil ist der WM-Dritte noch glimpflich davongekommen. In den letzten Wochen und Monaten stand ein Punktabzug oder gar der Ausschluss von kommenden Wettbewerben zur Diskussion. FIFA-Präsident Joseph S. Blatter hatte bereits einen Tag nach dem Skandalspiel ein „hartes Durchgreifen“ angekündigt.
In den Einzelverfahren wurden ferner Bundesligaprofi Alpay Özalan (1. FC Köln) und Emre Belozoglu (Newcastle United) mit einer Sperre für sechs Pflicht-Länderspiele sowie einer Geldstrafe in Höhe von knapp 10 000 Euro belegt. Serkan Balci (Fenerbahce) muss zwei Partien aussetzen und 3200 Euro zahlen. Der türkische Co-Trainer Mehmet Ozdilek wurde für zwölf Monate gesperrt und muss ebenfalls 10 000 Euro Strafe zahlen.
Auf Schweizer Seite erhielt Benjamin Huggel von der Frankfurter Eintracht das gleiche Strafmaß wie Alpay und Emre. Damit verpasst der defensive Mittelfeldspieler, der sich in Frankfurt bisher noch keinen Stammplatz erobern konnte, nicht nur die Weltmeisterschaft im Sommer in Deutschland, sondern droht auch bis zu drei Spiele bei der Europameisterschaft 2008 im eigenen Land auszufallen, da die Eidgenossen als Gastgeber keine Qualifikationsspiele bestreiten müssen. „Wir haben die Begründung noch nicht vorliegen. Diese wird uns innerhalb von 30 Tagen zugehen. Derzeit kann ich nur sagen, dass ich das Urteil für sehr, sehr hart erachte“, sagte Huggels Anwalt Marco Balmelli.
Außerdem muss der Schweizer Physiotherapeut Stephan Meyer zwei Spiele pausieren und eine Geldstrafe von rund 4000 Euro bezahlen. Nach dem Playoff-Rückspiel, bei dem sich die Schweizer trotz einer 2:4-Niederlage für die WM in Deutschland qualifiziert hatten, war es auf dem Platz, im Spielertunnel und im Kabinengang zu handfesten Auseinandersetzungen gekommen.
Am Montag waren in einer ersten Befragungsrunde am Fifa-Sitz in Zürich die Vorwürfe gegen sechs an den Handgreiflichkeiten am 16. November 2005 in Istanbul beteiligten Spieler und Betreuer beider Mannschaften erörtert worden. Unter anderem mussten Alpay und Huggel Rede und Antwort stehen. Am Dienstag waren die massiven Vorwürfe gegen Gastgeber Türkei zur Sprache gekommen.
In einer ersten Reaktion hat der türkische Sportminister Mehmet Ali Sahin am Dienstagabend die verhängte Strafe als „inakzeptabel“ bezeichnet. Beim Relegationsspiel gegen die Schweiz habe es keinerlei Fan-Ausschreitungen gegeben, die eine solche Strafe rechtfertigen würden, sagte der Minister am Abend dem türkischen Nachrichtensender NTV. Sahin kündigte Einspruch gegen die Entscheidung an: „Ich hoffe, dass dieser Fehler behoben wird.“
FNP