Hab das in diversen Foren gefunden und es mal zusammen getragen:
Ganzer Fanzug verhaftet! Über 400 Leute verhaftet!
Polizeiliche Willkür?
Geschwisterpaar in Zelle gesteckt
Die Zürcher Polizei verhaftete eine 16-jährige Baslerin und ihren 14-jährigen Bruder. Ihr Vater will nun Anzeige erstatten.
Der 14-jährige Nils Brunner ist noch ganz durcheinander: «Am Bahnhof hatte ich richtig Angst.» Der Bub und seine 16-jährige Schwester Noémi sassen im FCB-Fanzug, den die Zürcher Polizei am Sonntag eingekesselt hatte.
«Ich hatte meinen Kindern gesagt, sie sollten den regulären Zug nehmen, damit sie nicht in Tumulte geraten», ärgert sich Vater Roberto Brunner. Auf Befehl der Basler Polizei mussten beide aber noch im Bahnhof SBB in den Extrazug umsteigen.
In Zürich gerieten sie so in die Polizeiaktion und wurden sogar verhaftet. «Wir wurden gefesselt abgeführt», sagt Noémi. «Wir hatten nichts gemacht.» Die Polizei fuhr sie und andere Fans auf den Posten. «Ich hatte Angst, meinen Bruder aus den Augen zu verlieren.» Auf der Wache mussten sie stundenlang warten. Erst draussen, dann in einem Arrestraum. Ihre Natels wurden ihnen abgenommen. «Wir waren besorgt und wollten unsere Kinder anrufen – ohne Erfolg», sagt der Vater. Um halb zehn habe die Zürcher Polizei sie informiert, dass die Geschwister gerade verhört würden.
«Meine Kinder hatten noch nie Ärger mit der Polizei», ist der Vater erbost. Wie viele FCB-Fans will Brunner die Zürcher Polizei anzeigen. Für seinen Sohn Nils war es die erste Fahrt an ein FCB-Auswärtsmatch.
Jan Fischer
3 Fragen an Klaus Mannhart
Sie sind Basels Polizeisprecher. Wieso hat die Basler Polizei FCB-Fans aus regulären Zügen nach Zürich herausgeholt?
Aufgrund eines Unterstützungsgesuchs der Bahnpolizei. Unser Auftrag war, dafür zu sorgen, dass alle Fans im Extrazug nach Zürich fahren.
Gab es Zwischenfälle?
Etwa 200 Fans hatten sich vor dem Bahnhof versammelt und sind erst geschlossen losgegangen. Plötzlich stoben sie auseinander und rannten über die Geleise zum regulären Zug nach Zürich. Sie mussten auf Geheiss der Bahnpolizei wieder aussteigen und mit dem Extrazug fahren. Dass sie über die Geleise gerannt sind, war sehr gefährlich. Sonst gab es keine Zwischenfälle.
Hat die Basler Polizei die Kollegen in Zürich im Vorfeld informiert und wusste sie von der Polizeiaktion in Zürich?
Ganz klar nein! Von uns hat es im Vorfeld keine Hinweise nach Zürich gegeben. Und wir haben auch nichts von den Massnahmen der Zürcher
Kollegen gewusst.
Bitte alle aussteigen
EXTRAZUG AB BASEL
Bitte alle aussteigen
Von Philipp Anz
Sie wollten an ein Spiel, wurden verhaftet und durften stundenlang nicht einmal aufs WC. Wie Basler Fans den vergangenen Sonntag erlebt haben.
Sonntag, 5. Dezember, 12.45 Uhr
Beat* trifft im Bahnhof Basel seine KollegInnen aus der Muttenzer Kurve. Zusammen wollen sie nach Zürich ans Spiel GC-FC Basel. Die Vorfreude ist gross, man singt sich ein für den bevorstehenden Match. Zusammen mit etwa dreihundert anderen Fans steigen sie in den Eurocity, Abfahrt 13.02, nach Zürich. Auf dem Perron stehen dutzende Polizisten einer Basler Spezialeinheit. Sie fordern die Fans auf, den Zug wieder zu verlassen. Nachdem sich die Abfahrt verzögert, kommen diese der Aufforderung nach. «Nehmt den Extrazug», wird ihnen befohlen.
13.20 Uhr
Der vierzehnjährige Pablo sitzt im Extrazug. Er und seine gleichaltrigen Freunde haben das entsprechende Billett an offiziellen Vorverkaufsstellen bezogen, die auf der Homepage des FC Basel publiziert waren. Der Zug ist voll, auch Bahnpolizisten fahren mit. Sie postieren sich in jedem Wagon, den Fans wird erklärt, dass sie ihre Abteile nicht verlassen dürfen, aufs WC können sie nur einzeln. Sprüche fallen, sämtlicher Abfall wird auf den Boden geschmissen - doch zu Sachbeschädigungen kommt es nicht. Die Fahrt verläuft «problemlos», wie ein SBB-Sprecher später der «Basler Zeitung» bestätigt. Pablo freut sich aufs Spiel.
14.30 Uhr
Der Extrazug hält im Bahnhof Altstetten, einem Aussenquartier von Zürich. Der Bahnhof ist von einem Grossaufgebot der Stadtpolizei mit Wasserwerfern und Gitterfahrzeugen abgeriegelt. Aus dem Zug fliegen einzelne Flaschen. Die Fans werden aufgefordert, den Zug zu verlassen. Die Bahnpolizisten verhindern, dass die rückseitigen Türen geöffnet werden.
14.45 Uhr
Rund 650 Personen stehen auf dem Bahnhofsgelände. Die Polizei erklärt, dass sie kontrolliert würden und erst danach ans Spiel, das um 16.15 Uhr angepfiffen wird, könnten. Roger nervt sich, denkt aber: «Auf den Anpfiff reicht es sicher.»
15 Uhr
Die Menge wird unruhig. Es wird gedrängelt, wieder fliegen einzelne Flaschen. Die Polizei setzt Pfefferspray, Tränengas und Gummischrot ein. Pablo bekommt Panik. Er erklärt einem Polizisten, dass er erst vierzehn sei und raus möchte. «Ich wusste nicht mehr, was tun, und begann zu weinen.» Der Polizist sagt: «Hör uuf brüele, suscht kriegsch Pfefferspray.»
15.15 Uhr
Die Fans werden einzeln aus dem Kessel gelassen. Roger gehört zu den Ersten. «Ich dachte, jetzt werd ich kontrolliert. Dann kann ich endlich ans Spiel. Doch dann wurde ich an die Wand gestellt.» Roger wird alles abgenommen. Portemonnaie, Handy, Mütze, Schal werden in eine Tüte gepackt und ihm um den Hals gehängt. Die Polizisten fesseln seine Hände mit Kabelbindern hinter dem Rücken. Er wird in ein Auto geführt und mit Blaulicht in die Zürcher Polizeikaserne gefahren. Während Frauen, Kinder und ältere Männer nun freigelassen werden, müssen sich 427 Personen (darunter 11 Frauen) in den nächsten Stunden demselben Prozedere unterziehen.
16.15 Uhr
Im Hardturm wird das Spiel GC-FCB angepfiffen. Bei den Basler Fans, die es ins Stadion geschafft haben, klingeln die Handys ununterbrochen. Wut macht sich breit. Einige wollen raus, «die Kollegen befreien». Mitglieder von diversen Fangruppierungen verhindern durch Zureden, dass die Situation eskaliert. Auch nach dem Spiel halten sie eine grössere Menge Fans davon ab, zur Kaserne zu ziehen, «um Rache zu üben».
16.30 Uhr
Die Stadtpolizei Zürich veröffentlicht ein erstes Mediencommuniqué: «Aufgrund von Meldungen, wonach sich im Extrazug aus Basel dutzende gewaltbereiter Fans befinden würden, wurde die Zugskomposition im Bahnhof Altstetten gestoppt. (...) Die Personenkontrollen werden aufgrund der grossen Zahl der vorübergehend Festgenommenen einige Stunden in Anspruch nehmen. Stadt- und Kantonspolizei Zürich wollen mit diesem konsequenten Vorgehen ein Zeichen setzen, dass rund um Fussballspiele weder Gewalt noch Sachbeschädigungen toleriert werden.»
Zu dieser Zeit stehen Roger und Pablo bereits seit einer Stunde vor der Kaserne im Freien, immer noch mit Kabelbindern gefesselt. Pablo bekommt Nasenbluten. Auch auf wiederholtes Nachfragen wird ihm die Fesselung nicht gelöst. Aus einem Fenster werden Papiernastücher geworfen. «Machs doch selber weg», meint ein Polizist. Schliesslich kann Pablo das Bluten stillen, indem er die Nase an einen Metallpfosten drückt. In der Kaserne treffen die letzten Verhafteten aus Altstetten, unter ihnen Beat, ein.
17 Uhr
Einzeln werden die Verhafteten in die Kaserne geführt, fotografiert und verhört. Roger wird gefragt: «Wie sind Sie nach Zürich gekommen?» Roger: «Mit dem Zug.» - «Warum haben Sie diesen Zug genommen?» Roger: «Es war der offizielle Extrazug.» - «Warum haben Sie sich nicht entfernt, als es zu Ausschreitungen kam?» Roger: «Ich sah keine Ausschreitungen, und weg konnte ich sowieso nicht.» Später wird Roger freigelassen. In Basel verkündet Radio Basilisk halbstündlich zwei Hotline-Nummern der Zürcher Polizei für besorgte Angehörige.
17.30 Uhr
Pablo wird freigelassen. Ein Polizist erklärt ihm, mit welchem Tram er zum Hardturm kommt. Fast genau auf den Schlusspfiff ist er im Stadion. Der FCB gewinnt 3:2. Pablo macht sich auf den Rückweg nach Basel. Nach dem Spiel kommt es ums Stadion zu vereinzelten Schlägereien zwischen Zürcher und Basler Fans.
20 Uhr
Beat wartet mit hundert andern immer noch gefesselt vor der Kaserne, es ist «saukalt». Schal, Mütze und Handy baumeln an seinem Hals. Personen, die aufs WC wollen, wird gesagt: «Das hättest du am Morgen tun können.» Die Männer öffnen sich gegenseitig mit den auf dem Rücken gefesselten Händen den Hosenschlitz, helfen sich beim Urinieren, mehrere pinkeln sich in die Hosen, manche müssen erbrechen. Die Stadtpolizei Zürich veröffentlicht ein weiteres Communiqué mit dem Titel: «Konsequentes Vorgehen der Polizei verhindert Ausschreitungen am Fussballspiel GC-FCB».
22.30 Uhr
Die letzten Verhafteten werden ins Gebäude geführt. Beat hat Schüttelfrost und kann seine Jacke nicht mehr selber ausziehen.
1.30 Uhr
Beat wird freigelassen. Basler Fans, die nach Mitternacht mit Autos nach Zürich zurückgefahren sind, holen ihn und ein Dutzend weitere Entlassene ab. Am nächsten Tag sind an seinen Handgelenken immer noch die Einschnitte der Kabelbinder zu sehen, daneben die mit Filzstift aufgemalte Verhaftungsnummer.
Montag, 6. Dezember
Die Stadtpolizei Zürich zieht in einem weiteren Communiqué Bilanz. Von 427 Verhafteten wurde eine Person der Bezirksanwaltschaft übergeben, gegen weitere zwei laufen Ermittlungen. «Die Mehrzahl der Festgenommenen wird mit einer Verzeigung wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit rechnen müssen. Die entsprechende Rechtsgrundlage bildet die Allgemeine Polizeiverordnung der Stadt Zürich, namentlich der Grundsatz, wonach die Polizei die Störung des öffentlichen Friedens und der öffentlichen Sicherheit zu verhindern hat.»
* Alle Namen wurden von der Redaktion geändert
Sämtliche Zeitangaben sind ungefähr und beruhen auf Aussagen von verhafteten Fans.
WOZ vom 09.12.2004
Bissel viel, aber vielleicht gibt's ja etwas Aufschluss...