Aus einem Traum wird der Albtraum
Der Traum eines Mannes hatte sich im Jahr 2003 erfüllt: Der 1. FC Eschborn, über Jahrzehnte hinweg Bezirksligist, durfte nun in die Regionalliga, die dritte deutsche Profifußball-Spielklasse, aufsteigen. «Dieser Erfolg kam fast zu schnell, auch wenn er der Lohn für die gute Arbeit der vergangenen Jahre ist. Ich denke auch manchmal, das ist zu viel des Guten. Wir wollten doch erst einmal nur professionelle Strukturen für die Oberliga schaffen», sagte der «Macher», der ehemalige Präsident Michael Kopp, damals noch vor dem Aufstieg. Als ob er es geahnt hätte: In den darauf folgenden gut zweieinhalb Jahren wurde der Club in keiner Weise den Anforderungen eines Wirtschaftsunternehmens gerecht, das ein solch hochklassiger Fußball-Verein heute nun einmal ist.
Die Strukturen erinnerten bis zuletzt immer noch stärker an einen Bezirksligisten denn an einen Regionalligisten. Das fing damit an, dass die meisten Mitglieder und Freunde des Vereins entweder schliefen, Träumer blieben oder die Realisierung des Traums als große Chance für den 1. FC Eschborn noch nicht begriffen hatten. Der Verein hatte zu wenig Helfer und mancher ehrenamtliche Funktionär, das beste Beispiel ist Kopp selbst, mutete sich viel zu viel zu und verlor den Überblick. Es wurde keine GmbH für den Profi-Spielbetrieb gegründet und vom Verein getrennt, zunächst kein Verwaltungsrat als Kontrollorgan gebildet. Aus Unwissenheit wurde Überforderung. Die Stadt musste im vergangenen Winter die erste Rettungsaktion für den nach der Regionalliga-Saison inzwischen total heruntergewirtschafteten Verein starten.
Die Kritiker der Bürgschaft durch die Stadt für ein Bankdarlehen über eine Million Euro wurden durch Karl Müller bestätigt. Kopps Nachfolger machte in seiner siebeneinhalbmonatigen Amtszeit alles falsch. Er vergraulte erst einen der wenigen, der sich über die Maße für den Verein engagierte (Manager Jürgen Tschauder), traf chaotische sportliche Entscheidungen (zwei Trainerbeurlaubungen, Zurückholen des alten Trainers Klaus Scheer) und verscherzte es sich mit weiteren Helfern und Sponsoren. Aus Hilfslosigkeit wurde Lächerlichkeit.
Und dann avancierte auch noch die zweite und vermutlich letzte Rettungsaktion zum Fiasko. Sponsor Tofik Davidoff, der neue und einzige Hoffnungsträger des Vereins, verdrückte sich nach 19 Tagen schon wieder. «Falsche Zahlen» habe er vorgelegt bekommen. Verblüfft zeigte er sich über den Rücktritt von Müller, mit dem er sich nicht gerade angefreundet zu haben schien, und über zurückliegende Steuerfahndungen sowie Doppel-Verträge für Spieler, obwohl darüber in der Presse doch ausführlich berichtet worden war. Die Lächerlichkeit wich der Blauäugigkeit.
Der 1. FC Eschborn im Jahr 2006: Aus dem Traum eines Präsidenten wurde der Albtraum eines Traditionsvereins.