"Die Liga steht am Scheideweg"

  • DFL: Interview mit dem neuen "starken Mann" Christian Seifert - 28.06.2005 15:00
    "Die Liga steht am Scheideweg"


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    Ab Freitag, 1. Juli, übernimmt er den Vorsitz der Geschäftsführung der DFL, als Nachfolger von Wilfried Straub. Hier spricht Christian Seifert (36) über die Chancen und Probleme der Bundesliga.
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    Nachfolger: Christian Seifert beerbt Wilfried Straub bei der DFL.kicker: Welche Erkenntnisse haben Sie nach den ersten fünf Monaten bei der DFL, der Sie ab dem 1. Juli als Vorsitzender der Geschäftsführung vorstehen werden, gewonnen, Herr Seifert?


    Christian Seifert: Die ersten Monate stehen bei einer so großen Herausforderung unter dem Vorzeichen, sich vernünftig einzuarbeiten. Ich habe mir einen Überblick verschafft über die Vielzahl von Themen, mit denen sich die DFL beschäftigt. Die Einarbeitung ist in einem sehr harmonischen Miteinander mit Wilfried Straub gelungen.


    kicker: Ist alles so eingetreten, wie es Sie sich vorgestellt haben?


    Seifert: Für mich war es die größte Neuerung, dass man tagtäglich in der öffentlichen Wahrnehmung steht, teilweise selbst Bagatellen im Tagesgeschäft zum Gegenstand öffentlicher Diskussion werden.


    kicker: Wurden Sie durch Tagesaktualitäten wie die Finanzkrise in Dortmund oder dem Wett- und Betrugsskandal gleich überrollt?


    Seifert: Ich habe mich zumindest nicht überrollt gefühlt. Was wohl daran liegt, dass ich aus einem Umfeld kam, das auch nicht das ruhigste Gewässer war. Zudem sehe ich Stress- und Krisensituationen immer als einen positiven Zustand. Man entdeckt die Stärken und Schwächen eines Systems oder Unternehmens unter Last. Dann merken sie, ob die Nahtstellen halten oder ob vielleicht auch das Wasser durch zischt.


    kicker: Hat es Sie erschrocken, dass Dortmund als Kapitalgesellschaft fast an die Wand gefahren wurde?


    Seifert: Nein. So etwas passiert in der Wirtschaft alle Tage. Manche Firmen erleben Hochphasen, andere durchlaufen Krisen und müssen saniert werden. Da gehören harte Einschnitte zum Tagesgeschäft. Nur die öffentliche Wahrnehmung ist bei einem Fußball-Klub viel, viel größer.


    kicker: Der Abschluss des neuen TV-Vertrages gehört zu Ihren vorrangigen Aufgaben. Mindestens 500 statt der momentan bezahlten 300 Millionen Euro erwarten die Klubs ab 2006. Wie stellt sich der Marktwert der Liga dar?


    Seifert: Der richtige Preis ist immer der, den der Markt hergibt. Zum Beispiel hatte in Frankreich die gesamte französische Liga vor dem neuen TV-Vertrag 655 Millionen Euro Umsatz pro Jahr erzielt. Dann haben sich zwei Sender hochgeboten, dadurch gibt es ab Sommer 2005 allein vom Pay-TV 600 Millionen Euro.


    kicker: Wie sehen Sie die Situation in England?


    Seifert: Der große Sprung von 670 Millionen auf über eine Milliarde Pfund für einen Drei-Jahres-Vertrag kam 2001 vor allem deshalb zustande, weil drei Bieter beteiligt waren. Das zeigt: Es gibt immer spezielle Marktbedingungen, aus denen der Preis resultiert. Deshalb ist auch der aktuelle Bundesligavertrag der beste, den der Markt damals hergab.


    kicker: Hat sich der Markt geändert?


    Seifert: Viele Marktteilnehmer haben sich zu Wort gemeldet, obwohl die offizielle Ausschreibung erst in der zweiten Jahreshälfte erfolgt. Das zeigt, wie attraktiv die Rechte sind. Es steht der komplexeste TV- Ausschreibungsprozess ins Haus, den es je gab. Die erzielte EU-Vereinbarung ist die Grundlage für die Rechtevergabe. Teil dieser Vereinbarung ist es, dass wir einen offenen und diskriminierungsfreien Zugang zum Erwerb ermöglichen. Das könnte theoretisch auch ein Internetanbieter sein. Neue Marktteilnehmer haben sich etabliert, zum Beispiel Kabel Deutschland. Und wir bewegen uns in einem Umfeld, wo viele TV-Anbieter börsennotiert sind. Deshalb müssen wir mit nie gekannter Sensibilität vorgehen, denn Aussagen können kursrelevant sein. Vor diesem Hintergrund werden die Verhandlungen professionell und sehr diskret geführt. Ich freue mich, dass es der DFL-Aufsichtsrat genauso sieht.


    kicker: Was muss der Fußball mehr einbringen für mehr Geld?


    Seifert: Wir stehen an einem Scheideweg! Wir müssen die Frage beantworten, ob wir uns umsatzseitig mit dem Ausland messen: Dann müssen wir auch das tun, was das Ausland bereit ist zu tun.


    kicker: Was heißt das konkret?


    Seifert: Wir müssen sehr offen bereit sein, über Spieltage, Anstoßzeiten und TV-Partner nachzudenken. Bisher haben wir drei wesentliche TV-Partner, zwei im Free- und einen im Pay-TV. Im Ausland sind die Rechte zum Teil an mehrere Partner über mehrere Tage und mehrere Anstoßzeiten verteilt. Dort wird das von allen Beteiligten getragen. Das ist die Herausforderung. Das Gesamtsystem besteht aus DFL, Klubs, Fans, Medienpartnern und der allgemeinen Öffentlichkeit. Wir müssen uns jetzt entscheiden: Wollen wir bei den großen Jungs mitspielen? Dann müssen wir nach denselben Kriterien agieren. Oder wir entscheiden uns, ohne dass dies wertend gemeint ist, in gewisser Hinsicht für die Tradition, für einen gesunden Konservatismus, dann müssen wir uns in diesem Rahmen bewegen. Das schließt Umsatzsteigerung nicht aus. Aber dann werden uns natürliche Grenzen gesetzt sein.


    kicker: Die Aktion "Pro 15:30 Uhr" ist der Liga mithin nicht dienlich?


    Seifert: Sie ist ein hervorragendes Marketing-Instrument. Es ist gelernt, es ist bewährt, wir haben in diesem Jahr einen neuen Zuschauerrekord, im Schnitt fast 37 000, das ist europaweit führend. Die Engländer liegen bei 34 000 und die Spanier bei 27 000. Nebenbei bemerkt: Der Schnitt muss bei 37 000 sein, weil wir die modernste Stadion-Infrastruktur der Welt zu refinanzieren haben. Ich sage nicht, dass "15:30" der Liga schadet. Doch wenn wir unter der Prämisse rangehen, wir wollen mehr Geld, müssen wir die Frage stellen: Was sind wir bereit, zu tun? Bleibt alles so, wie es ist, dann können wir in dem Rahmen der Möglichkeiten optimieren, die dann noch bestehen. Öffnen wir uns Innovationen, besteht mehr Spielraum. Wenn sie den englischen Markt anschauen mit drei Spieltagen, fünf Anstoßzeiten, zwei Pokalwettbewerben, keine Winterpause, da stellt sich die Frage über eine Winterpause erst gar nicht. Mag sein, dass dann die Kader größer werden, aber man hat sich dort letztlich dem Diktat der Vermarktung unterworfen. Diese Frage können nur die Klubs beantworten. Die DFL ist der Dienstleister, der antritt um Mehrwert für den Profifußball zu erzielen.




    Christian Seifert: daten und werdegang
    Christian Seifert
    Seine Daten:


    Geboren am 8. 5. 1969 in Rastatt, aktiver Sportler beim FV Ottersdorf und FC Rastatt 04


    Sein Werdegang:


    1988:


    Abitur


    1991 - 1995:


    Studium Kommunikationswissenschaft, Marketing und Soziologie in Essen


    1995 - 1998:


    MGM MediaGruppe München, zuletzt Leiter Produkt Management


    1998 - 2000:


    MTV Networks GmbH, Direktor Marketing


    2000 - 2005:


    KarstadtQuelle New Media AG, Vorstand Medien und Marketing, ab 2004 Vorstandsvorsitzender


    seit 1. 2. 2005:


    DFL Geschäftsführer Rechte, Lizenzen, Marketing


    ab 1.7.2005:


    Vorsitzender der Geschäftsführung

    Bester Spruch der jahn Teamvorstellung
    Interviewer :"George Mbwando sie sind die Spaßkanone im team was sagen sie dazu und wie machen sie das ?"
    George Mbwando:" Habedere"
    Ziemlich lässiger TYp
    :449::449:

  • Der gute Mann tut gerade so, als ob mehr Geld auch automatisch mehr Erfolg bdeuten würde. Ich kann mir kaum vorstellen, daß Mannschaften wie AZ Alkmaar oder Steaua Bukarest mehr Geld haben als deutsche Clubs, und trotzdem haben sie es geschafft, wesentlich länger letzte Saison im UEFA-Cup zu überleben als deutsche Clubs.


    Es geht nicht um mehr Geld, es geht darum, endlich weniger mittelmäßige Ausländer in die Bundesliga zu holen, die das Niveau senken. Der deutsche Fußball hat schon lange nicht mehr das Niveau von England, Italien und Spanien und selbst Frankreich hat uns überholt. Deutschland würde ich mittlerweile auf einem Niveau mit Ländern wie Portugal, Holland oder Griechenland sehen.


    Irgenwann werden die Fans das auch mal erkennen und der Zuschauerboom wird auch wieder nachlassen.

    Nobbi



    Nur jeder Fünfte in Deutschland treibt regelmäßig Sport. Das ergab eine Umfrage unter den Spielern des 1.FC Köln.

  • Zitat

    Original von Nobbi
    Deutschland würde ich mittlerweile auf einem Niveau mit Ländern wie Portugal, Holland oder Griechenland sehen.


    Im Klubfußball wäre ich schon froh wenn wir auf dem Niveau dieser Länder stünden.

    Als Gott den Menschen erschuf, war er bereits sehr müde, das erklärt manches.
    Mark Twain (1835 - 1910), US-amerikanischer Erzähler und Satiriker, eigentlich Samuel Langhorne Clemens

  • Zitat

    Original von Hafermann


    Im Klubfußball wäre ich schon froh wenn wir auf dem Niveau dieser Länder stünden.


    Ich meinte damit eigentlich schon den Clubfußball. Es gibt wohl in den genannten Ländern Spitzenclubs, die höheres Niveau haben als die meisten Bundesligaclubs (z.B. PSV Eindhoven), aber im Durchschnitt denke ich, daß der Vergleich schon hinkommt. Die Bundesliga ist eben ausgeglichener als z.B. die Eredivisie in Holland. Ein RBC Roosendaal aus Holland hat wohl eher nicht das Niveau vom 1.FC Nürnberg, um jetzt einfach mal irgendwie einen Vergleich zweier Clubs zu ziehen, die im unteren Tabellenteil ihres Landes anzusiedeln sind.

    Nobbi



    Nur jeder Fünfte in Deutschland treibt regelmäßig Sport. Das ergab eine Umfrage unter den Spielern des 1.FC Köln.

  • Nobbi


    Gut einigen wir uns darauf.
    Solange Du nicht behauptest Gladbach wäre besser als der 1.FC Köln. :D

    Als Gott den Menschen erschuf, war er bereits sehr müde, das erklärt manches.
    Mark Twain (1835 - 1910), US-amerikanischer Erzähler und Satiriker, eigentlich Samuel Langhorne Clemens

  • Zitat

    Original von Südniedersachse
    Dann behaupte ich das jetzt :D


    Spielverderber ;)

    Als Gott den Menschen erschuf, war er bereits sehr müde, das erklärt manches.
    Mark Twain (1835 - 1910), US-amerikanischer Erzähler und Satiriker, eigentlich Samuel Langhorne Clemens